Fränkische Nachrichten, 27.12.2023

Konzert in Bad Mergentheim
im Zeichen von Abschied und Neubeginn

Mit dem traditionellen Weihnachtskonzert verabschiedete sich der Chor Cappella Nova am Samstag von seinem geschätzten und beliebten Chorleiter Professor Karl Rathgeber. Die Nachfolge wird eine Frau antreten.

Groß ist der Besucherandrang. Die vollbesetzte Schlosskirche scheint aus allen Nähten zu platzen. „Veni redemptor gentium“ – mit dem frühchristlichen Hymnus, gesungen im Wechsel von Frauen- und Männerstimmen, eröffnet der Chor den adventlichen Teil seines Konzerts. Die Augen der Sängerinnen und Sänger sind aufmerksam auf ihren Dirigenten gerichtet. Hellwach folgen sie seinen Weisungen. Wie vertraut sind ihnen Blicke, Gesten, Mimik nach fünfjähriger Zusammenarbeit geworden. Ein Hauch von Abschied und leise Wehmut scheinen in den fließenden Tönen der Bachschen Choralbearbeitung von „Nun komm, der Heiden Heiland“ mitzuschwingen. Chor und Zuhörer folgen dem ruhigen Orgelspiel von Thomas Martin, greifen die Melodie auf und vereinen sich im gemeinsamen Singen des Chorals, überstrahlt vom glänzenden Ton der Trompete. Ein Licht entzündet der Trompeter Maximilian Ortmeier mit seinem Spiel und verleiht den Worten Bedeutung und Tiefe: „Dunkel muss nicht kommen drein, der Glaub bleib immer im Schein.“

„Advent“, so beginnt Pfarrerin Regina Korn ihre Ansprache, „heißt ruhig werden, leise lauschen, auf Antwort warten.“ Zum Jahresende stehe beim Chor Cappella Nova ein Chorleiterwechsel an. „Abschied und Neuanfang – auch das bedeutet Advent.“

Eine junge Frau aus Nazareth stellt der Chor Cappella Nova in den Mittelpunkt, holt sie herunter von Sockeln und Säulen, auf die sie, der Welt entrückt, jahrhundertelang gestellt wurde. Klar interpretieren die Frauenstimmen im Wechsel mit der Orgel das gregorianische Magnificat, den Lobgesang Marias. „Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen“ – kraftvolle, prophetische Worte aus dem Mund eines einfachen Mädchens in einer männerdominierten Welt. Mit der Motette „Dixit Maria ad angelum - Maria sagte zu dem Engel“ gab der Komponist Hans Leo Hassler (1564 bis 1612) Marias Einwilligung in Gottes Plan eine Melodie. Mit dem vierstimmigen Satz bekräftigt der Chor überzeugend ihr deutliches „Ja“. A cappella, ohne musikalische Begleitung, kommen die schönen Chorstimmen wunderbar zur Geltung: Der helle Sopran, der warme Alt, der strahlende Tenor und der tiefe, weiche Bass.

Szenenwechsel

Dann folgt ein Szenenwechsel. Der Chor Cappella Nova führt seine Zuhörer hinaus ins Gebirge, wo Maria unterwegs ist zu Elisabeth. „Übers Gebirg Maria geht“, die fünfstimmige Motette von Johannes Eccard (1553 - 1611) erzählt, wie sich Maria auf den Weg macht, um ihrer Freundin anzuvertrauen, worüber sie unmöglich schweigen kann. Freudige Erwartung leuchtet auf Marias Gesicht und findet im Jubel der Sopranstimmen ihren Ausdruck.

Eine zweite faszinierende Frau betritt den Kirchenraum, die Barockkomponistin Élisabeth Jacquet de La Guerre. Selbstbewusst eroberte sie in der damaligen Zeit eine Männerdomäne, machte als Komponistin am Hof Ludwigs des XIV. Karriere. Aus ihrer Sonate Nr. 2 in D-Dur spielen Manfred Birkhold (Violine), Monika Birkhold (Violoncello) und Thomas Martin (Orgel) drei Sätze. Mit musikalischem Fingerspitzengefühl bringen sie die verschiedenen Klangfarben zur Geltung und überzeugen durch ihr souveränes Zusammenspiel. Nach dem mit entzückender Anmut interpretierten raschen ersten Satz breiten sie das Adagio vor ihren Zuhörern aus – innig, sehnsuchtsvoll, adventlich – um dann federleicht, fast tänzerisch, in den dritten Satz zu wechseln.

Prophetische Worte

Das Tor zu Weihnachten öffnet der Chor Cappella Nova mit dem alten Kirchenlied „Es ist ein Ros entsprungen“ nach dem vierstimmigen Satz von Michael Praetorius (1571 - 1621). Prophetische Worte aus dem Alten Testament künden Jesu Geburt an: „Es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Jesse.“ Wunderschön ergänzen sich Sopranblockflöte und Orgel in der feierlichen Weihnachtspastorale von Charles Wesley. „Ach, wie wunderbar kann Blockflöte klingen“, mag so mancher aufhorchen. Was für ein tolles Instrument ist die Flöte, wenn sie so gespielt wird wie es Mathias Gutemann kann.

Weihnachtsjubel pur kommt auf mit der Hymne „Alles, was Odem hat“ nach dem Satz des Tübinger Komponisten Friedrich Silcher (1789 bis 1860), aus dessen Feder auch der Gesang der Engel „Ehre sei Gott in der Höhe“ stammt. Wie einst die Hirten, macht sich der Chor mit seinen Zuhörern auf den Weg nach Bethlehem. Dort in der stillen Nacht wacht ein trautes Paar an einer Krippe, in der ein Kind liegt, das die große Hoffnung für die Menschheit ist. Am Heiligen Abend 1818 erklang in der St.-Nikola-Kirche in Oberndorf bei Salzburg zum ersten Mal „Stille Nacht“. In der schlichten zweistimmigen Urfassung brillieren Sopran- und Altstimmen.

Vom Advent bis zur Weihnacht begleitet der Chor Cappella Nova seine Zuhörer und bereitet ihnen ein vorweihnachtliches Erlebnis, das sich nicht auf das Hören beschränkt. Sie sind eingeladen, die Melodien altbekannter Weihnachtslieder mitzusingen und abschließend mit „O du fröhliche“ zusammen mit Chor, Orgel und Trompete in den Jubel der „himmlischen Heere“ einzustimmen. Begeisterter, langanhaltender Applaus ist der Lohn für dieses rundum gelungene Weihnachtskonzert.

Musikalischer Gruß zum Abschied

Wenn Schluss ist, ist noch lange nicht Schluss! Zumindest nicht, solange Professor Karl Rathgeber nicht gebührend verabschiedet ist. Vorstand Thomas Martin lässt die vielen gelungenen Auftritte und gemeinsamen Erlebnisse Revue passieren und bedankt sich für die Unterstützung bei der Nachfolger-Suche. Letztlich hat sich der Chor für eine Nachfolgerin entschieden. Mit Esther Witt beginnt eine neue Ära: Erstmals in seiner Geschichte steht der Chor Cappella Nova unter der Leitung einer Frau.

Wie könnte man sich von einem Chorleiter besser verabschieden als mit einem Lied! „May the road rise to meet you“ – diesen herzbewegenden irischen Segensgruß gibt der Chor seinem scheidenden Dirigenten mit auf den Weg.

Renate Henneberger

Copyright © 2024 - Chor Cappella Nova e.V. - Impressum